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Was bezahlt die Krankenkasse, was nicht?

Was der Arzt auf Rezept verschreibt, wird von der Krankenkasse bezahlt, denken viele. Die Realität ist komplizierter und so ist man in der Apotheke schnell mal der "Buhmann", wenn man mitteilen muss, dass etwas von der Krankenkasse nicht übernommen wird. Wir geben hier einen Überblick, was von der Krankenkasse bezahlt werden muss und was nicht.

Quelle: Adobe Stock
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Arzneimittel der Grundversicherung

Medikamente, also Arzneimittel mit einer Swissmedic-Registrierung (erkennbar am am runden Symbol mit dem Buchstaben A, B oder D) müssen von der Krankenkasse bezahlt werden, wenn sie auf der sogenannten Spezialitätenliste (SL) stehen. Die Spezialitätenliste wird vom Bundesamt für Gesundheit in einer Kommission herausgegeben, in welcher Ärzte, Apotheker, pharmazeutische Industrie, Krankenkassen, Patientenorganisationen und die Eidgenossenschaft vertreten sind. Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und der Preis sind massgeblich, ob ein Medikament in die SL aufgenommen wird.

 

Allerdings kann es bei einigen Medikamenten der SL sogenannte Limitationen geben: 

  • Von einem Medikament wird nur eine bestimmte Menge pro Jahr bezahlt (z.B. Körperlotionen, Abführmittel)
  • Das Medikament wird nur bezahlt, wenn es von einem Spezialisten verordnet wird.
  • Das Medikament wird nur bezahlt, wenn eine sogenannte Kostengutsprache vorliegt, das heisst die Behandlung nach einem Antrag durch den Arzt von der Krankenkasse genehmigt wurde (vor allem bei Medikamenten, die deutlich mehr kosten als andere zur Verfügung stehende Mittel).

Die Spezialitätenliste kann auf der Webseite www.spezialitaeten-liste.ch aufgerufen werden und wird mehrmals pro Jahr aktualisiert.

Arzneimittel ausserhalb der Grundversicherung

Viele Arzneimittel fallen in die Kategorie "nicht listenpflichtig" (NLP) bzw. auf französisch "hors liste" (HL). Darunter fallen zum Beispiel rezeptfreie Produkte, für die Publikumswerbung gemacht wird (was für SL-Medikamente verboten ist). Diese werden zum Teil von der Zusatzversicherung der Krankenkasse bezahlt. Da die Versicherungen in diesem Bereich viel selbst bestimmen dürfen, müssen diese Medikamente in der Regel in der Apotheke bezahlt und dann vom Patienten selbst an die Krankenkasse eingereicht werden.

 

Einige Medikamente fallen sogar in die Kategorie "Liste pharmazeutischer Produkte mit spezieller Verwendung" (LPPV) und werden weder von der Grund- noch der Zusatzversicherung bezahlt. Dazu gehören etwa Vitamine, diverse rezeptfreie Medikamente und hormonelle Verhütungsmittel wie die Anti-Baby-Pille. Diese müssen grundsätzlich selbst bezahlt werden. 

 

Die Einteilung zwischen NLP und LPPV entspringt keinen offiziellen oder gesetzlichen Kriterien, sondern wurde im Lauf der Jahre aufgrund der Abrechnungserfahrungen mit den Krankenkassen in den Stammdaten der Apotheken vorgenommen. 

Magistralrezepturen

Medikamente, die eigens von der Apotheke hergestellt werden, werden über die sogenannte "Arzneimittelliste mit Tarif" (ALT) abgerechnet. Hier sind die Wirk- und Hilfsstoffe sowie die Tätigkeitstarife aufgelistet, welche die Apotheke verrechnen darf und von der Krankenkasse bezahlt werden. 

 

Allerdings stammt die letzte ALT von 2005, sodass die Tarife seither nicht mehr angepasst wurden. Während die Anforderung an Herstellungen in der Apotheke laufend angestiegen ist, blieb der Tarif zurück, sodass immer mehr Apotheken aus Kostengründen auf diese Dienstleistung verzichten. Magistralrezepturen mit Wirkstoffen ausserhalb der ALT oder SL müssen selbst bezahlt werden. 

Arzneimittel der Komplementärmedizin

Im sogenannten Anhang oder Kapitel 70 der Spezialitätenliste sind die Preise für Komplementärarzneimittel festgelegt, zum Beispiel pflanzliche Tinkturen, homöopathische Globuli oder anthroposophische Tropfenmischungen. Diese Produkte gibt es teils als fertige Medikamente oder werden zum anderen Teil in der Apotheke abgefüllt oder gemischt. Diese Mittel werden von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt. 

Medizinprodukte

Medizinprodukte sind Heilmittel, die wie Medikamente aufgemacht sind, aber keine medizinisch aktive Wirkstoffe enthalten, wobei diese Defintion in der Realität nicht immer ganz stimmt. Erkennbar sind sie am runden CE-Symbol auf der Packung. Unter diese Kategorie fallen zum Beispiel Nasenduschen, befeuchtende Salzwassersprays oder einige befeuchtende Augentropfen. 

 

Medizinprodukte werden im Normalfall nicht bezahlt, einige Zusatzversicherungen erstatten sie jedoch. Patienten können daher versuchen, die Quittung mit dem Rezept zur Erstattung einzureichen. 

Produkte zur Wundversorgung und andere Gegenstände

In der sogenannten Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) legt das Bundesamt für Gesundheit fest, wieviel die Grundversicherung der Krankenkasse für Pflegeprodukte bezahlen müssen. Darunter fallen viele Kategorien wie Verbandmaterial, Bandagen, Kompressionsstrümpfe, Blutzuckerstreifen, diverse Behandlungsgeräte und andere Hilfsmittel.

 

Die MiGeL enthält sogenannte Höchstvergütungsbeiträge (HVB), das heisst die Krankenkasse muss nur diesen Betrag am Produkt zahlen, selbst wenn der Marktpreis darüber liegt. Zum Beispiel muss die Krankenkasse für 100 Blutzuckerstreifen 62 Franken bezahlen, je nach Hersteller kann eine Packung aber bis zu 85 Franken kosten. MiGeL-Produkte sind daher immer wieder ein Ärgernis. Das Bundesamt senkt immer wieder Tarife für die Krankenkassen, die Herstellerfirmen ändern ihre Preise jedoch kaum.

 

Bei einigen Kategorien bezahlt die Krankenkassen einen fixen Betrag pro Jahr, zum Beispiel für Personen mit leichter Inkontinenz werden Produkte bis 564 Franken pro Jahr bezahlt. 

 

Es gibt auch immer wieder wichtige Produkte, die nicht auf der Liste sind und darum gar nicht bezahlt werden, zum Beispiel sterile Handschuhe für Verbandswechsel. 

Dienstleistungen der Apotheke

Apotheken bieten diverse Dienstleistungen an, zum Beispiel medizinische Abklärungen, Messungen oder das Verabreichen von Impfungen. Zudem gibt es Dienstleistungen im Rahmen der Medikamententherapie, etwa die Abgabe von Teilmengen, das Rüsten von Wochendosierern oder die Einnahme unter Aufsicht. 

 

Von der Grundversicherung bezahlt werden Leistungen, die vom Arzt verordnet und im Tarifvertrag zwischen Apotheken und Krankenkassen vereinbart sind. Medizinische Abklärungen werden im Normalfall nicht bezahlt, ausser es handelt sich um eine Krankenkasse mit Apothekenmodell. Wir empfehlen, trotzdem die Quittung an die Zusatz- oder Grundversicherung einzusenden, da Krankenkassen ein Interesse daran haben, dass die Versicherten sich möglichst günstig versorgen lassen, statt auf den Notfall zu gehen. 

Ergänzungs- und Sondennahrung

Bei gestörter Nahrungsaufnahme können auch Ergänzungsnahrungen verordnet werden. Diese werden von der Grundversicherung bezahlt, der verschreibende Arzt muss einfach eine Kostengutsprache der SVS einreichen. 

Gut zu wissen

Laut Weisung des Bundesamts für Gesundheit muss der verschreibende Arzt die Patientin oder den Patienten darüber orientieren, wenn ein verordnetes Produkt oder eine verordnete Leistung nicht von der Grundversicherung bezahlt wird. Andernfalls kann der Arzt für diese Kosten haften. Dies ist auch schon in Gerichtsurteilen bestätigt worden.