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Wenn Hustentropfen zur Sucht werden

Der Wirkstoff Codein ist ein sehr wirksames Mittel gegen Reizhusten. Wenn die beschränkte Anwendungsdauer nicht eingehalten wird, steigt jedoch das Risiko einer Abhängigkeit. Einige Hintergründe und nützliche Tipps.

Das "heimliche" Morphin

Codein ist ein Stoff, der aus Schlafmohn gewonnen wird. Der getrocknete Milchsaft der Blütenkapseln (Opium) enthält viele aktive Wirkstoffe, darunter auch Morphin und Noscapin, welche eine ganze Reihe verschiedener Wirkungen aufweisen. Codein ist derjenige Stoff, der gegen Reizhusten eingesetzt wird, gelegentlich auch Noscapin. Ausserdem wird Codein manchmal auch als Schmerzmittel verwendet (z.B. im Medikament Co-Dafalgan).

 

Wenn man Codein einnimmt, wird ein Teil davon in der Leber zu Morphin umgewandelt. Dieser Anteil ist individuell verschieden und kann zwischen 5 und 20% variieren. Ob die hustenstillende Wirkung vom Codein selbst oder eher dem umgewandelten Morphin ausgeht, ist nicht ganz klar. Es könnte aber eine Erklärung dafür sein, weshalb der Wirkstoff nicht bei allen gleich wirkt.

 

Da der Wirkstoff den Hustenreflex im Gehirn dämpft, gilt es bei Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen Medikamenten einiges zu beachten. Zu den Nebenwirkungen gehören unter anderem Schläfrigkeit, Verstopfung und Benommenheit. Bei Überdosierung kann es zum lebensgefährlichen Atemstillstand kommen. Es gibt mehrere Medikamente, die nicht nur Codein, sondern noch zusätzliche Wirkstoffe enthalten. Eine Liste aller Präparate in der Schweiz mit Codein finden Sie auf Pharmawiki.

Schlafmohn (Papaver somniferum). Aus dem Milchsaft der angeschnittenen Blütenkapseln können zahlreiche Wirkstoffe isoliert werden. Als Opium bezeichnet man den getrocknete Milchsaft. Foto: www.awl.ch
Schlafmohn (Papaver somniferum). Aus dem Milchsaft der angeschnittenen Blütenkapseln können zahlreiche Wirkstoffe isoliert werden. Als Opium bezeichnet man den getrocknete Milchsaft. Foto: www.awl.ch

Richtiger Einsatz bei Husten

Der Husten, der bei einer Erkältung auftritt, kann bis zu drei Wochen andauern. Wenn nicht eine Erkältung die Ursache ist, sollte man sich in der Apotheke weitergehend beraten lassen. Ausserdem ist die Anwendung bei Auswurf bzw. Schleimhusten nicht genau gleich bzw. es sind andere Medikamente zu bevorzugen.

 

Benützt man Codein zur Hustenstillung, wird eine Anwendungsdauer von maximal sieben Tagen empfohlen. Aus diesem Grund ist Codein nicht immer das geeignetste Medikament für Husten. Bei länger andauernden Husten sollte daher das Mittel gewechselt werden und in der Apotheke Rücksprache genommen werden. Bei bestimmten Symptomen kann eine ärztliche Untersuchung notwendig sein.

 

Teils wird Codein auch als Reservemedikament bei chronischen Krankheiten mit Husten wie COPD oder Krebs verordnet. Die Situation muss unter Einbezug vieler Faktoren beurteilt werden. Aber auch hier stellt eine Dauereinnahme nicht den Idealfall dar.

Abhängig oder nicht?

Allein die Anwendungsdauer zu überschreiten, ist noch kein sicheres Anzeichen für Sucht. Sie ist medizinisch definiert als körperliche, seelische und soziale Beeinträchtigung durch den Konsum einer Substanz. Es ist jedoch die beste Vorsichtsmassnahme zur Vermeidung einer Sucht, die Anwendungsdauer einzuhalten und bei Bedarf das Präpart zu wechseln.

 

Wird der Husten als Warnzeichen über längere Zeit ignoriert oder bestehen gleichzeitig andere gesundheitliche Probleme, ist die Suchtgefahr jedoch gegeben. Denn Codein wirkt auch bei Schmerzen und Einschlafproblemen. Wegen der manchmal auftretenden Euphorie wird Codein auch als Notbehelf bei psychischen Problemen benützt. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis muss hier aber als klar negativ bewertet werden. Es ist sehr wichtig, dass Menschen mit solchen Beschwerden sich einer Fachperson anvertrauen.

 

Es gibt auch den beabsichtigten Missbrauch von Codein-haltigen Präparaten. Meist wird eine ganze Packung Tropfen oder Sirup mit einem Softdrink gemischt und in kurzer Zeit getrunken, um einen Rausch hervorzurufen. In diesem Zusammenhang kann auch Mischkonsum mit Alkohol und anderen Drogen stattfinden, was besonders gefährlich ist.

Der Ausweg

Wird eine Abhängigkeit vermutet oder festgestellt, ist ein Entzug die einzig nachhaltige Lösung. Wenn Patienten ihr Problem selbst erkennen und es gelingt, die zugrunde liegenden Erkrankungen richtig anzugehen, kann ein Entzug ambulant, das heisst ohne Aufenthalt in einer Klinik stattfinden. Dazu gehören regelmässige Gespräche beim Arzt oder Apotheker.
Bei komplexen Situationen (hohe Dosen, schwere Grunderkrankung, Mischkonsum und -abhängigkeit) können jedoch Klinikaufenthalte und das Einführen in ein sogenanntes Substitutionsprogramm notwendig sein. Wir helfen auch dabei, Patienten an entsprechende Stellen weiterzuleiten.

Fazit

Wie bei jedem Medikament gilt: Richtig eingesetzt ist Codein ein wirksames Mittel. Wegen der relativ starken Nebenwirkungen und Risiken empfehlen aber auch wir in der Apotheke Codein nicht als Mittel der ersten Wahl bei Husten. 
Für Konsumenten gilt: Halten Sie sich an die Anwendungsdauer und Maximaldosierungen. Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers und suchen Sie rechtzeitig eine Fachperson auf, wenn Sie Mühe haben, Ihre Beschwerden einzuschätzen. So kann das für Sie optimale Vorgehen gefunden werden. Wenn Sie bereits Codein dauerhaft einnehmen, vertrauen Sie sich einer Fachperson an. 
Dass das Personal in Apotheken kritisch reagiert, wenn ein Medikament mit Codein verlangt wird, wird manchmal bemängelt. Vor dem Hintergrund der Probleme, die von diesem Medikament ausgehen können, seien Sie versichert: Man hat nur die besten Absichten für Sie.

Autor:

Florian Sarkar, eidg. dipl. Apotheker

 

Quellen:

Fachinformtion Codein Knoll unter www.compendium.ch